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Stefan

Interview - Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter (UBA)

 

UBA setzt sich für ein selbstbestimmtes, würdiges Leben im Alter ein - auch in der Ostschweiz!

 

Misshandlungen an älteren Menschen sind in der Schweiz eine Realität. Gewalt im Alter ist jedoch ein Tabuthema. Man rechnet, dass gegen 300'000 Personen in unserem Land davon betroffen sind. Gewaltsituationen finden sehr oft im Privatbereich und auch auch in Institutionen statt. Seit 2013 gibt es die „Ombudsstelle Alter und Behinderung“- OSAB in drei Ostschweizer Kantone (SG, AR, AI) und die „Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter“ - UBA hat die nationale Anlaufstelle «Alter ohne Gewalt» lanciert, und ist auch in der Ostschweiz tätig. OstSinn hat Ruth Mettler Ernst, die Geschäftsleiterin von UBA gefragt, welches die Herausforderungen der Chancengleichheit sind.

 

OstSinn: Im Jahr 2017 hat laut WHO (World Health Organization - Weltgesundheitsorganisation) 1 von 6 Personen, welche 60 Jahre oder älter war, eine Form von Missbrauch im Sozialraum erlebt. Drei Fachorganisationen haben sich in der Schweiz über die Sprachgrenzen hinweg zur nationalen Plattform «Alter ohne Gewalt» zusammengeschlossen. Können Sie über die Wichtigkeit dieser Plattform erzählen?

Ruth Mettler Ernst: „Alter ohne Gewalt“ ist die erste und einzige nationale Anlaufstelle in der Schweiz für ältere Menschen, die von Misshandlung betroffen sind, für deren Angehörige, Drittpersonen sowie auch für Fachpersonen. Im 2018 wurden ungefähr 200 Fälle von Gewaltsituationen gegen ältere Menschen den drei regional tätigen Organisationen gemeldet. Die Lancierung der nationalen Anlaufstelle „Alter ohne Gewalt“ ermöglicht einer noch grösseren Anzahl Betroffener den unkomplizierten Zugang zu fachgerechter Hilfe und Beratung. Die älteren Menschen, welche Opfer von Misshandlungen sind, empfinden Scham und Schuldgefühle. Sie wagen nicht über das Geschehene zu sprechen und wissen nicht, an wen sie sich wenden können, um Hilfe zu erhalten.

 

OstSinn: In der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ (SDG - Sustainable Development Goals) wurden 17 Ziele formuliert, unter anderem „Frieden, Gerechtigkeit und strake Institutionen“. Wie fördert UBA, Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter eine friedliche und inklusive Gesellschaft und was bedeutet es für die ältere Personen?

Ruth Mettler Ernst: Die UBA fördert das oben erwähnte Ziel mit ihrem Dienstleistungsangebot, Intervention, Beratung, Prävention und Weiterbildung. Naturgemäss nimmt mit zunehmendem Alter die Kraft, sich gegen Ungerechtigkeiten zur Wehr zu setzen, ab. Nicht mehr alle Konflikte können von den betroffenen älteren Menschen selber gelöst werden. Wir unterstützen in der Konfliktbearbeitung, beraten und intervenieren. Die UBA ist niederschwellig erreichbar und durch die kostenlose Fallbearbeitung steht sie allen älteren Menschen, den Angehörigen und Drittpersonen zur Verfügung.

 

OstSinn: Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ist eines der grössten Hindernisse für nachhaltige Entwicklung. Das Ziel Geschlechtergleichheit ist auch in der „Agenda 2030“. Frauen leben länger als Männer, deshalb gibt es mehr ältere Frauen als Männer. Ist Altersdiskriminierung deswegen ein Frauenthema, oder sind alle Geschlechter davon betroffen?

Ruth Mettler Ernst: Es sind sicherlich alle Geschlechter von Diskriminierung betroffen, aber in unterschiedlichem Mass. Denken wir dabei an diejenigen über 50-jährigen, die ihren Job verlieren und dann keinen neuen mehr finden. Dieses Schicksal trifft Männer wie Frauen. Dass Misshandlung ein Thema der Frauen ist, ist zahlenmässig belegt. Wir gehen aber auch davon aus, dass es eine grosse Dunkelziffer bei Misshandlung an älteren Männern gibt. Die Scham sich jemandem anzuvertrauen, ist nach wie vor gross, aber auch die Unwissenheit, was Diskriminierung und Gewalt im Alter ist.

 

OstSinn: Man kann die Beschwerdestelle von Montag bis Freitag zwischen 14 und 17 Uhr anrufen. Was passiert bei einem Telefonat? Wie viel kostet es?

Ruth Mettler Ernst: Die Dienstleistung der Unabhängigen Beschwerdestelle für das Alter UBA ist kostenlos.

Es ist möglich, uns per Telefon (0848 00 13 13) oder per E-Mail info@uba.ch zu erreichen. Die Mitarbeitenden der Anlaufstelle nehmen die Anliegen (Konflikt- oder Gewaltsituationen) entgegen. Sie klären den Sachverhalt, bitten um die Zustellung von notwendigen Unterlagen und informieren über das weitere Vorgehen. Alle Informationen werden vertraulich behandelt und wertneutral entgegengenommen.

 

OstSinn: UBA, die Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter klärt, vermittelt und schlichtet in Konfliktsituationen. Könnten Sie einige Beispiele geben?

Ruth Mettler Ernst: Die Mitglieder der regionalen Fachkommissionen übernehmen das Klientendossier zur Bearbeitung. Sie beraten vertraulich, kompetent, unbürokratisch, unabhängig. Die vornehmlich pensionierten Fachpersonen bieten Hilfe zur Selbsthilfe in den Bereichen Betreuung, Pflege, Wohnen, Finanzen, Krankenkasse, Familie. Sie leisten Hilfe für ältere Menschen, die von jeglicher Form von Gewalt betroffen sind.

Bei der UBA, das kann man sagen, ist für jedes Problem das passende Fachwissen vorhanden, sei dies wenn ältere Menschen von ihrem Umfeld finanziell ausgenutzt, oder von Angehörigen psychisch unter Druck gesetzt werden oder die dementielle Verwahrlosung eines Elternteils die Familie in der Lösungsfindung entzweit. Die UBA ist aber auch da, wenn gegenseitige, jahrelange Schuldzuweisungen in Partnerschaften zur Gewaltanwendung führen oder der sexuelle Übergriff eines Bekannten Scham und Verzweiflung bei der betroffenen älteren Frau auslösen.


 

Alter ohne Gewalt

 

Die Lancierung der nationalen Anlaufstelle «Alter ohne Gewalt» ist das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen den drei bedeutenden Fachakteuren in der Prävention von Misshandlung gegen ältere Menschen in der Schweiz:

  • alter ego in der Westschweiz

  • Pro Senectute Ticino e Moesano 

  • Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter UBA in der Deutschschweiz

 

Eine Telefonnummer 0848 00 13 13 verbindet je nach Sprachregion, aus welcher telefoniert wird, zu einer der drei Organisationen sodass rasche Unterstützung, Hilfe und Beratung erfolgen kann.

Die Internetseite www.alterohnegewalt.ch in drei Sprachen vermittelt den Kontakt, auch über die E-Mail info@alterohnegewalt.ch, sowie Informationen zum Thema.




 

Links:

Alter ohne Gewalt - www.alterohnegewalt.ch

Blog Post - Chancengleichheit im Alter

 

Wichtige Fakten über Missbrauch im Alter

who.int/en/news-room/fact-sheets/detail/elder-abuse

 

Sustainable Development Goals (SDGs) im Agenda 2030

eda.admin.ch/agenda2030/de/home/agenda-2030/die-17-ziele-fuer-eine-nachhaltige-entwicklung.html

 

Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter

UBA.ch

 

Gleiche Rechte im Alter

skmr.ch/cms/epaper/SKMR_aeltere_Menschen/#page=1